Von einer Langzeitbelichtung spricht man, wenn in der Fotografie ein Bild mehrere Sekunden oder Minuten lang belichtet wird. Ab welchem Zeitpunkt eine Belichtung als Langzeitbelichtung gilt, ist so viel ich weiss nicht festgelegt. Ich würde aber sagen, ab einer Sekunde aufwärts ist es sicherlich bereits eine Langzeitbelichtung.
Nach oben gibt es keine Grenzen, ich habe schon Belichtungen von drei bis fünf Minuten gemacht, es geht aber noch länger. Diese Technik der Fotografie wird vor allem in der Landschaftsfotografie eingesetzt. Es gibt aber auch diverse andere Möglichkeiten Langzeitbelichtungen anzuwenden.
Voraussetzung um mit einer Langzeitbelichtung zu fotografieren ist, dass sich die Belichtungszeit deiner Kamera manuell oder halb manuell einstellen lässt. Das funktioniert bei praktisch allen Spiegelreflexkameras, Systemkameras und bei den meisten Kompaktkameras. Falls Du nicht weisst ob deine Kamera diese Funktion unterstützt, findest du sicherlich im Handbuch mehr dazu. Wenn du an deiner Kamera einen AV, TV und M Modus hast, dann kannst du damit eine Langzeitbelichtung aufnehmen. Die meisten Kameras mit diesen Einstellmöglichkeiten lassen eine Belichtungszeit bis 30 Sekunden zu. Wenn du länger als 30 Sekunden belichten willst, dann gibt es dafür den Bulb Modus. Diesen haben die meisten Spiegelreflex- und Systemkameras im Manuellen (M) Modus.
Nebst deiner Kamera und Filtern ist ein gutes Stativ unabdingbar. Ich persönlich bin seit Jahren mit dem *Manfrotto Befree oder dem *Rollei C6i unterwegs und bin sehr zufrieden damit. Ein Stativ ist zwingend notwendig, weil du Belichtungszeiten von mehreren Sekunden nicht aus der Hand halten kannst, ohne das Bild zu verwackeln. Zusätzlich verwende ich einen Funkfernauslöser, um die Kamera bei der Auslösung möglichst nicht zu erschüttern. Notfalls kannst du deine Kamera aber auch mit der Auslöseverzögerung (2 Sek.) auslösen. Fernauslöser gibt es mit Kabel oder als Funkauslöser für jede Kamera. Ich verwende das Auslösesystem von Hanel Capture für Sony: *Hähnel Captur Funk-Fernauslöser & das *Hähnel Captur Pro und IR Modul. Du kannst aber z. B. bei Amazon auch einfach nach Fernauslöser & Kameramodell suchen.
Wenn du in der Nacht, also bei Dunkelheit z. B. die Leuchtspuren von fahrenden Autos aufnehmen willst, benötigst Du lediglich ein Stativ und gegebenenfalls einen Fernauslöser aber keinen Filter. Du musst durch die Dunkelheit sowieso längere Belichtungszeiten fahren. Mehr dazu erfährst Du weiter unten in diesem Blog.
Wenn du tagsüber bei normalem Licht eine Langzeitbelichtung erstellen möchtest, dann brauchst du einen entsprechenden ND (Neutraldichte) Filter oder auch Graufilter genannt. Diese Filter wirken wie eine Sonnenbrille für deine Kamera und sorgen dafür, dass weniger Licht auf den Sensor der Kamera trifft.
Die Filter gibt es in verschiedenen stärken und Ausführungen (Schraubfilter oder Steckfiltersysteme). Wenn du bei Tageslicht ohne Filter eine Langzeitbelichtung machen würdest, dann wirst du nur ein weisses Bild erhalten, weil zu viel Licht auf den Sensor fällt. Du musst also dafür sorgen, dass weniger Licht beim Sensor ankommt und dafür sorgen die Filter.
Um bei Tageslicht Belichtungen von 20 Sekunden bis 2 Minuten zu erstellen, empfehle ich Dir vor allem einen 110er ND Filter (ND 3.0 / 1000x). Dieser Filter entspricht 10 Blendenstufen.
Ich fotografiere mit dem Filtersystem von Kase und kann dieses sehr empfehlen: *Kase Filters Wolferine bei Amazon
Aber auch die Schraubfilter von Rollei haben ein ausgezeichnetes Preis-Leistungsverhältnis: *Rollei Schraubfilter bei Amazon
Alles über die ND Filter und wie diese angewendet werden, findest du in einem eigenen Beitrag dazu. Dort kannst du dir auch 100% kostenlos meine Belichtung- Zeitberechnungstabellen für ND 3.0 & ND 1.8 Filter downloaden: >> Fotografieren mit ND Filter / Graufilter / Neutraldichtefilter <<
Bei einer 30-60 Sekunden langen Belichtung kannst du den Zug der Wolken mit auf dem Bild einfangen. Das kann einen sehr interessanten und dramatischen Effekt ergeben. Hier muss aber immer darauf geachtet werden wie schnell die Wolken ziehen. Dementsprechend ist die Belichtungszeit zu verlängern oder zu verkürzen. Je langsamer die Wolken wandern, desto länger musst du Belichten. Deiner Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Probiere verschieden Belichtungszeiten aus, bis Du das Ergebnis hast, welches für dich stimmig ist.
Durch eine Langzeitbelichtung kannst Du Wasser sehr fein und fliessend darstellen. Das verleiht deinen Bildern einen ruhigeren Eindruck und wirkt teilweise sehr surreal und mystisch. Gerade bei Wasser kombiniere ich den ND Filter gerne mit einem Polfilter. Der Polfilter reduziert die Spiegelung des Himmels auf der Wasseroberfläche, dadurch wird der Untergrund viel besser sichtbar. Untenstehendes Bild ist mit einem ND Filter in Kombination mit einem Polfilter entstanden. -> Wozu benötige ich eine Polfilter
Wer kennt es nicht: Dann ist man einmal im Urlaub oder auf einer Städtereise und die Hot Spots sind mit Menschen nur so überfüllt. An solchen Orten kannst du mit einer Langzeitbelichtung einen Platz, Hallen, Kirchen oder was auch immer, menschenleer machen. Dafür sind lange Belichtungszeiten von 3 bis 10 Minuten notwendig. Dies hängt immer davon ab, wie schnell sich die Menschen bewegen. Je schneller sie sich bewegen, desto kürzer kann die Belichtungszeit sein.
Beispiel:
Der Wat Rong Khun (White Temple) in Chiang Rai, Thailand ist ein sehr beliebtes Reiseziel und deswegen regelmässig überfüllt. Das war auch an dem Tag so, als ich dort war. Wie du siehst, sind auf meinem Bild aber keine Menschen zu sehen. Die grösste Herausforderung ist hier, dass dir niemand die Kamera umrennt. Am besten immer dicht daran Stehen und gut abschirmen ;-)!
Bestimmt kennst du diese Bilder mit den Leuchtspuren von Autos. Während du eine Belichtung machst, bewegt sich das Auto durch dein Bild und zieht mit den Scheinwerfern seine Spuren. Das ist immer wieder total faszinierend und beeindruckend. Für diese Bilder benötigst du auch keinen Filter, weil durch die Dunkelheit sowieso länger belichtet werden muss.
Hierfür ist Blende 8, ISO 200 und eine Belichtung zwischen 20 und 30 Sek. Optimal und du wirst ein tolles Ergebnis erhalten.
Versuche gezielt bewegliche Objekte mit Unbeweglichen zu kombinieren. Zum Beispiel an einem See, Fluss oder Bachbett das vorüberziehende Wasser mit einer interessanten Wurzel oder Stein im Vordergrund. Auch am Meer funktionieren diese Methoden sehr gut. Lass deiner Kreativität einfach freien Lauf, du wirst so viele Möglichkeiten entdecken Langzeitbelichtungen einzusetzen.
Versuche die ND Filter mit einem Polfilter zu kombinieren. Du wirst den Effekt lieben. Zusätzlich schluckt der Polfilter auch noch ein Stück Licht und ermöglicht es dir, wenn nötig noch längere Belichtungszeiten zu erstellen. -> zum Beitrag über die Polfilter
Wasser hat ab 3 Sekunden aufwärts einen surrealen Effekt. Wenn du noch die Bewegung des Wassers einfangen willst, ohne dass alle Details verschwinden, wähle eine Belichtungszeit von 0,2 bis 0,3 Sekunden.
Stelle den Fokus, Weissabgleich und die ISO Zahl bei Langzeitbelichtungen immer Manuell ein. Wenn eines dieser Elemente auf Auto eingestellt ist und du bei wechselnden Lichtbedingungen mehrere Minuten belichtest, wird dir die Kamera die Einstellung wären dieser Zeit gegebenenfalls korrigieren und dein Ergebnis verschlechtern.
?????Weiter ist unbedingt darauf zu achten, dass du den Bildstabilisator deiner Kamera deaktivierst. Bei Langzeitbelichtungen auf dem Stativ kann sich dieser ansonsten negativ auf die Bildqualität und schärfe auswirken.
Bei sehr langen Belichtungszeiten (ab 2 Minuten) steigt das Rauschen der Kamera deutlich an. Daher versuche die ISO Zahl immer möglichst tief zu halten. Ich persönlich verwende meistens, wenn irgendwie möglich ISO 50.